Bericht aus Indien
Von Rahmana Dziubany und Silke Molt
Es weihnachtet sehr bei 34° tropischer Wärme, rufende Pfauen, umgeben von Bananen- und Kokospalmen, grasenden Kühen und wundersamen Vogelgezwitscher sitze ich auf der Veranda meiner Eremitage in Ananda Ashram um euch zu schreiben. Silke Holt, unsere neue zweite Vorsitzende des Vereins, Traudl Bremer, und ich sind kurz vor Weihnachten hier heil angekommen. Die Vorweihnachtszeit in Tamil Nadu war geprägt durch einen Zyklon enormen Ausmaßes, was große Unwetterschäden, Landrutsche und Überschwemmungen verursachte. Bis kurz vor unserer Anreise war nicht klar, was wir hier vorfinden würden und in den ersten Tagen gab es mehrere sehr starke, heftige Wolkenbrüche.
Die Auswirkungen der Klimakrise sind auch für den Ashram herausfordernd in der Unterhaltung des Platzes und der Versorgung der Menschen. So mussten von unseren diesjährigen 12.000 € Spenden alleine die Hälfte der Spenden benutzt werden, um notwendige Reparaturen durchzuführen, davon die wichtigste die beschädigten Dächer zu erneuern. Die anderen 6000 € wurden wie alljährlich benutzt, um die Bedürftigen zu speisen, die Gehälter der Arbeitsplätze der Mitarbeiter zu sichern und Kindern eine Bildungschance zu ermöglichen. Als besondere medizinische Notfälle gab es in diesem Jahr finanzielle Unterstützung für zwei Nieren-Transplantationen von zwei recht jungen Frauen aus dem Dorf - beide Mitte 30, sowie eine notwendige Augenoperation der alten Mutter von Ganesh, unserem früheren Pförtner.
Weihnachten im Ashram
Wie eng Leben und Tod zusammengehen, konnten wir hautnah miterleben. An Heiligabend, 24.12.2024 starb auf tragische Weise der junge Rahul, 19 Jahre alt bei einem Motorradunfall. Raul ist mir bekannt durch unsere Besuche der lokalen, sehr beliebten Dorfbäckerei. Schwester Neethi wollte ihm eine schulische Ausbildung ermöglichen, aber der Junge hatte kein Interesse an Studium und war zufrieden an dem Arbeitsplatz hinter dem Tresen der bunten Torten. Die Community hier ist erschüttert durch diesen tragischen Tod und Neethi hat heute früh die trauernde Mutter besucht, um ihr nicht nur seelischen Trost zu spenden, sondern auch eine Summe Geld zu überreichen, damit sie eine würdige Trauerfeier ausrichten kann. Ananda Ashram bleibt ein Zentrum des Mitgefühls, der aktiven Nächstenliebe und wie Amma die Gründerin es auch visioniert hatte eine Art Powerhouse für die Region und für die ganze Welt.
Neben den guten Taten der Schwestern, die ihr mit euren Spenden großzügig unterstützt, widmen sich die Schwestern den Großteil des Jahres neben der harten Arbeit auf dem Land intensiver Gebets- und tiefer Kontemplationspraxis, als inneren Beitrag für eine bessere Welt. Es sind tatsächlich nur die drei Monate im Jahr, in denen es möglich ist, hier Einzug zu halten, und nach wie vor ist unsere Reisegruppe Pink Lotus die einzige reguläre Gruppe, die hier vor Ort erlaubt ist, das Leben dieser besonderen Schwestern zu teilen.
Am 25. Dezember wurde in unserem Kuhstall hier die kleine Steffi geboren und wir durften dabei sein und dieses Wunder des Lebens mit beobachten. So eng liegen Leben und Sterben beieinander! Im Nachbarashram Shantivanam, dem weltberühmten von Benediktinervater Bede Griffiths gegründeten Pilgerort, feierten wir die Mitternachtsmesse mit Menschen aus aller Welt und eine Weihnachtsandacht mit Beiträgen in verschiedenen Sprachen. Lieder, Gebete und Ansprachen und Rahmanas Beitrag das getanzte Aramäisch Ave Maria (Shlema lki), das nächtliche Singen von Stille Nacht an einer glitzernden indisch knallbunten Weihnachtskrippe neben dem Lotusteich, das indische Arati (kreisen der brennenden Flamme) über der Krippe und zwei Mönche die sich hingebungsvoll vor das Jesuskind knien und mit der traditionellen indischen Geste der Stirn den Boden berühren, machen dieses Weihnachten zu einem unvergesslichen Erlebnis.
Weihnachten in der Bless School
Auch die Weihnachtsfeier an der Bless School wurde zu einem unvergesslichen Erlebnis. Diese wurde extra um ein paar Tage verschoben, damit unsere Teilnahme möglich war. Der letzte Schultag vor den Weihnachtsferien war schon ein paar Tage zuvor. Vormittags wurden wir von Senthil Kumar, dem Schulleiter persönlich abgeholt. Bei unserer Ankunft in der Schule wurden wir herzlich vom Lehrerinnenteam empfangen und mit einem erfrischenden Getränk willkommen geheißen. Die Schüler wurden daraufhin in die Mensa (so würde man es wohl bei uns sagen) zusammengerufen. Sie waren alle freudig aufgeregt, winkten uns zu und waren gespannt, was wohl weiter passieren würde. Senthil eröffnete die Feierlichkeiten mit einem Gebet, das er gemeinsam mit den Kindern sprach. Sie sitzen alle im Lotussitz auf dem Fußboden. Schon beeindruckend, wie konzentriert und innig die meisten Kinder das Gebet sprechen. Anschließend trugen die Kinder ein extra eingeübtes indisches Gesangsstück vor. Im Anschluss hatten wir die Gelegenheit, selbst aktiv an der Feier teilzunehmen. Ich durfte eine kurze englische Geschichte vorlesen, die die Kinder mit viel Interesse verfolgten. Danach erzählte Rahmana eine kleine Jesu-Geschichte - die Kinder hingen an ihren Lippen. Wir beendeten unseren Part mit dem traditionellen „Kommet Ihr Hirten“. Die kleinen Kinderhände applaudierten stürmisch. Höhepunkt der Feier war die Übergabe kleiner Geschenke an die Kinder, was wir übernehmen durften. Diese wurden nicht als traditionelle Weihnachtsgeschenke verteilt, sondern als Belohnung für ihre Teilnahme an verschiedenen sportlichen Wettbewerben in der Schule. Es war schön zu sehen, wie stolz und glücklich die Kinder neben einer Urkunde ihre kleinen Präsente (z.B. einen kleinen Teller, ein Plastik-Etui mit einem Bleistift, eine Plastiktrinkflasche) entgegennahmen. Die dunkelbraunen Kinderaugen leuchteten und immer wieder hörten wir ein freudiges „Thank you“ oder „Merry Christmas“. Nach der Zeremonie versammelten wir uns alle zu einem gemeinsamen Mittagessen. Gegessen wurde auf dem Fußboden mit einem Bananenblatt als Teller. Es gab verschiedene indische Köstlichkeiten, die allesamt sehr geschmackvoll waren und von uns genossen wurden. Besonders fiel auf, wie diszipliniert und respektvoll die Kinder beim Essen waren. Die Freude in den Augen der Kinder war während der gesamten Feier deutlich zu erkennen. Ihre Aufgeschlossenheit, Freundlichkeit und ihr herzliches Wesen berührten uns sehr. Es war eine besondere Weihnachtsfeier, die uns noch lange in Erinnerung bleiben wird.
Dank der großzügigen Spendenbereitschaft konnten wir 2024 21.000 € Spendengelder an die Bless School überweisen. Diese wurden nach Angaben von Schulleiter Senthil Kumar wie folgt verausgabt:
9.800 € für Schülerpatenschaften
8.500 € Personalkosten
900 € Wohltätigkeits-zuwendungen an das Personal
1.300 € für die Erhaltung und Pflege des Schulwaldes
500 € Verschiedenes
In Dankbarkeit und Verbundenheit für unsere gemeinsamen Bemühungen, die Welt ein Stück freundlicher und schöner zu machen.
Ananda Ashram 5.1.2025
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Jonas (Mittwoch, 19 Februar 2025 13:07)
Vielen Dank für euren schönen Bericht und euer Engagement!